ALLENDORF - RENNERTEHAUSEN (schä). Für die Rennertehäuser Schützenschwestern und -brüder ist 2005 ein feierliches Jahr. Vor 75 Jahren wurde Ihr Verein aus der Taufe gehoben. Aus diesem Anlass treffen sich am ersten Juli-Wochenende die Schützen des Frankenberger Landes zum Kreisschützenfest an der Eder. Heute Abend nehmen die Feierlichkeiten mit einem großen Festakt im Dorfgemeinschaftshaus ihren Anfang. Beginn ist um 20 Uhr.
Mehr als 100 Gaste erwartet der 185 Mitglieder zählende Schützenverein Rennertehausen beim Festakt, zu dem neben der Prominenz und befreundeten Vereinen alle Einheimischen und Freunde aus dem oberen Edertal eingeladen sind. Neben Kommers und Ehrungen wird vor allem eines im Mittelpunkt des gemütlichen Beisammenseins stehen: Anekdoten und Erinnerungen an "die gute alte Zeit".
Man wird sich erinnern an die unsicheren Zeiten im Jahre 1930. 20 Gleichgesinnte hatten sich seinerzeit in der Gastwirtschaft Raabe, dem späteren Vereinslokal, zusammengefunden und gründeten einen neuen Verein. Kleinkaliber-Schützenverein Rennertehausen nannte man sich und wählte Schreinermeister Heinrich Schäfer XI. zum ersten Vorsitzenden. Der übrige Vorstand setzte sich zusammen aus dem Reichsbahnbeamten Heinrich Battenfeld (zweiter Vorsitzender), Gastwirt Konrad Raabe als Schriftführer und Kassenwart sowie Malermeister Karl Hill, der Waffenwart wurde.
Noch im gleichen Jahr wurde am Längersberg (Dickenscheid), dem Rennertehäuser Hausberg, die erste Schießanlage fertig gestellt. Für das Kleinkaliberschießen (50 Meter) wurde eine Grube für die Deckungsanzeige ausgehoben und für den Abschussraum eine wetterfeste Hütte errichtet. Die Jugend erhielt im Steinbruch eine Möglichkeit zum Luftgewehrschießen.
Foto: Frankenberger Zeitung, pr
Gerhard Grötecke (hinten links, bei einer Siegerehrung) in jungen Jahren. 15 jähre führte er als Vorsitzender die gute
Entwicklung des Schützenvereins fort.
Da witterungsbedingt nur in den Sommermonaten geschossen werden konnte, wurde während dieser Zeit fleißig geübt. Nicht vergebens: Denn schon 1931 konnten bei Preisschießen in Haine und Birkenbringhausen wertvolle Preise errungen werden.
Bald darauf wurde auch an den Meisterschaften teilgenommen. Im damaligen Schützenkreis Dexbach holten sich die Rennertehäuser Mannschaften und Einzelschützen Siege bei den Kreismeisterschaften 1934 in Dexbach, Korbach und Wehren und bei den Gaumeisterschaften 1935 in Allendorf/Lumbda.
Eine witzige Begebenheit bot das erste Königsschießen des jungen Vereins 1936. Nicht gleich bei den ersten Schüssen nachgeben sollte der Königsadler, der handgeschnitzt und aus gekochtem Weidenholz angefertigt war. Doch man hatte des Guten zu viel getan: Trotz unzähliger Treffer wollte der Vogel seinen Platz auf der Stange nicht verlassen. So musste man ihn herunternehmen und aufspalten. Mit "Schützenhilfe" aus dem nahen Gebüsch gelang es schließlich Heinrich Schäfer aus der Schumachergasse, den Vogel von der Stange zu holen Zur ersten Schützenkönigin des Ortes wählte der König Katharina Strieder (Spindlers).
Nach dem Zweiten Weltkrieg -1952 wurde der Verein neu ins Leben gerufen - erfuhr das Vereinsleben eine stete Weiterentwicklung. Der neue Schießstand am Dickenscheid wurde 1956 in Betrieb genommen - mit Patentanlage. Anfang der 60er Jahre entstand dann nach für nach ein neuer Stand am Schützenhaus. Zudem wurde das Schützenhaus im Laufe der Jahre mit viel Eigenleistung der Mitglieder regelmäßig modernisiert, zum Beispiel 1991 mit einer elektrischen Scheibenzuganlage, zuletzt vor zwei Jahren. Zurzeit ist ein Anbau in Planung für weitere Luftdruckwaffenstände.
"Drei Pokale in einer Woche" - über diese Schlagzeile freuten sich die Aktiven im Jahr des 50-Jährigen, 1980. Jugend- und Schützenteam gewannen den Robert-Amend-Pokal, außerdem holten die Schützen den Kreispokal.
Bis zum 75. Jubiläumsjahr hat der Schützenverein Rennertehausen eine gesunde Basis für die Zukunft geschaffen und sich im Schützenkreis Frankenberg einen Namen gemacht: durch gute sportliche Arbeit, die Ausrichtung des Kreisjugendzeltlagers 1982 und durch ein im Umkreis äußerst beliebtes Fest, das freilich auch ein Zeichen für die gute Zusammenarbeit der örtlichen Vereine ist, die abwechselnd als Ausrichter fungieren.
Unter allen, die in den letzten 75 Jahren den Verein unterstützt haben, bleiben vor allem zwei langjährige Vorsitzende in Erinnerung, die maßgeblich an der Entwicklung des Vereins teilhatten: Willi Muth, der zuvor schon Kassenführer war und 1969 zum Vorsitzenden gewählt wurde, und nicht zuletzt Gerhard Grötecke, der seit 1989 Vorsitzender war, in dessen Ära viele Kreisveranstaltungen sowie der langjährige Umbau des Schießstandes fielen, Grötecke hat bis zu seinem plötzlichen Tod im Dezember bereits wichtige Vorarbeit für das Jubiläumsfest geleistet.
Die Schützenfamilie Grötecke unterstützt freilich weiterhin den Verein, der stolz sein kann, dass er im Jubiläumsjahr die Weichen für die Zukunft gestellt hat. Im Vorstand, mit Gerhard Holzapfel an der Spitze, sind seit einigen Jahren junge Mitglieder aktiv, die Jugendabteilung arbeitet rührig, und die Sportanlagen entsprechen den neuesten Standards. Ruhigen Gewissens gehen die Rennertehäuser daher dem großen Fest und dem Festakt heute Abend entgegen.
Foto: Frankenberger Zeitung, pr
Diese Aufnahme aus den 70er Jahren zeigt den Rennertehäuser Vorstand um den langjährigen Vorsitzenden Willi Muth.